Care for Nature - szelest.de
  Winter in Russland
 

Welzheimer Zeitung 16. Januar 2009
Text: Astrid Szelest

Winter in Russland

Nach vielen Stunden Fahrt über die Autobahn kommen wir in Toropets an. Die kleine Stadt liegt rund 400 km nordwestlich von Moskau entfernt. Wir verlassen die befestigten Straßen, Geschäfte und Häuser und tauchen ein in die Dunkelheit der südwestlichen Taiga. Es schneit leicht und Rauch steigt von einzelnen Gehöften in die klirrend kalte Nachtluft auf. Ein Fuchs steht im Feld neben der Straße. Warmes Licht scheint durch die Fenster der Forschungsstation, als wir spät in der Nacht ankommen. Vladimir Bologov begrüßt uns lachend: “Willkommen im russischen Winter!“. Weit weg von der westeuropäischen Geschäftigkeit liegt die biologische Station „Chisty Less“ inmitten weitläufiger Wälder und Seen. Bereits zum dritten Mal genießen wir dieses friedliche und ruhige Fleckchen Erde. 

Bologov dankt allen Spendern und Sponsoren
Vladimir Bologov setzt sich für den Schutz der Wölfe in Russland ein und leitet ein Wolfsprojekt zur Rehabilitation und Auswilderung von Wolfswelpen. In Russland ist es erlaubt, Wölfe ganzjährig zu jagen. Er wird ernst, als er von den vergangenen Wochen und Monaten berichtet. Nur mit der Hilfe von Freunden und seiner Familie war es ihm Ende letzten Jahres möglich, das Futter für die Tiere zu beschaffen. „Mein Herz schlägt für die Wölfe, sie sind geboren um frei zu sein und dafür arbeiten wir! In unserem Projekt können wir jährlich 10 Wolfswelpen aufziehen und auswildern. Die Spenden machen es uns möglich, mehr über diese faszinierenden Tiere zu lernen und über sie zu informieren. Vielleicht gelingt es uns dann, die Wölfe für die nächste Generation zu schützen. Herzlichen Dank an alle, die uns unterstützen!“. Ohne Spender und Sponsoren wäre Bologovs Arbeit für die Wölfe nicht möglich. Im Rahmen von Informationsveranstaltungen und Fotoausstellungen in Welzheim, Lichtenwald und im Staatlichen Naturkundemuseum Stuttgart konnten wir 2.500 Euro für die Wölfe von Vladimir Bologov sammeln. Laetitia Becker, eine französische Biologin, die Ende letzten Jahres in Welzheim zu Besuch war, unterstützt ihn tatkräftig.
 
Wir sind zusammen mit Gisela Müller unterwegs. Sie war viele Jahre Wolfspflegerin im Wildpark Lüneburger Heide, unterstützt seit 2004 Vladimir Bologov und hat uns an ihn vermittelt. Ihr ist es gelungen, Sponsoren für eine Telemetrieausrüstung zu finden. Der deutsche Wolfs- und Verhaltensforscher Günther Bloch hat eine Handantenne mit Receiver gespendet und die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V. hat zwei Radiohalsbänder finanziert. Diese Ausrüstung verteilten wir auf unser Gepäck. Die Befürchtung, dass der russische Zoll uns für Spione mit Abhörausrüstung hält, erwies sich als unbegründet. Ende Januar, Anfang Februar werden zwei Wölfe besendert und ausgewildert. Vladimir Bologov, Studenten der Universität Moskau und Ökovolontäre können dann mit der Handantenne die Tiere ausfindig machen und wichtige Informationen sammeln.

Spurensuche im Schnee
Ohne technische Unterstützung sind Bologov und sein Team auf die Spurensuche angewiesen. Bei Schnee sind die Bedingungen ideal. Ein Rundkurs von 12 bis 15 Kilometern wird täglich begangen und auf frische Spuren kontrolliert. Diese werden dokumentiert und geben Anhaltspunkte für die Wilddichte und den Aufenthalt der Wölfe. Den Wolfsspuren folgen die Forscher bis ein Weiterkommen nicht mehr möglich ist und zeichnen dies mit GPS auf. Rund um die biologische Station ist momentan ein Wolfsrudel unterwegs. Immer wieder finden wir Wolfsspuren und folgen ihnen, bis sie sich im Dickicht verlieren. Bologovs Ziel ist es, sämtliche Wölfe, die ausgewildert werden, mit GPS-Halsbändern auszustatten. Ob dies künftig möglich ist, hängt von Spendern und Sponsoren ab. Ein Halsband kostet rund 2.000 Euro. Den Wölfen in den Aufzuchtgehegen geht es gut. Einige sind bereits außerhalb der Umzäunung und kommen nur noch sporadisch zum Fressen an das Gehege.
 
Projekt Wolfsinformations- und Umweltbildungszentrum
Ein wichtiger Bestandteil von Vladimir Bologovs Arbeit ist die Aufklärung der Bevölkerung und von Schulklassen. Viehhaltern gibt er Hinweise, wie sie ihre Tiere schützen können und ehemalige Jäger arbeiten heute für ihn als Ranger im Reservat. In einer alten, verlassenen Schule soll ein Wolfsinformations- bzw. Umweltbildungszentrum entstehen. Für Renovierungsarbeiten wird Material von rund 5.000 Euro benötigt. Ebenso helfende Hände, die mit anpacken. Wir suchen Sponsoren und Helfer für dieses nachhaltige Projekt!